Läuft Lara in Shadow of the Tomb Raider wieder zu alter Form auf? Was ist neu? Was gibt es zu kritisieren? Wir haben das Spiel für euch angespielt.
Hier ist es: Mein Review der Gameplay-Demo von Shadow of the Tomb Raider, welche auf dem Reveal Event in London spielbar war. Die Demo lässt sich in drei Abschnitte einteilen und ich werde auf jeden einzeln eingehen. Story-Spoiler werde ich nach Möglichkeit überwiegend vermeiden.
Bei dem Abschnitt des Spiels, welcher in der Demo enthalten war, handelt es sich um den Prolog. Dem entsprechend ist es schwer, zu sagen, ob das ganze Spiel so wird, wie das, was gezeigt wurde oder ob es nicht doch noch einige Überraschungen in Petto hat.
Die Grafik des Spiels ist top, aber nach Rise of the Tomb Raider war das kaum anders zu erwarten. Da gute Grafik in Videospielen heutzutage aber nichts wirklich seltenes ist, werde ich mich in meinem Review hauptsächlich auf das Gameplay konzentrieren, da dieses Element meiner Meinung nach zu oft untergeht, wenn von neuen Spielen berichtet wird.
Die Demo beginnt damit, dass Lara und Jonah, welcher nach Rise of the Tomb Raider noch ein paar Kilo abgenommen hat und jetzt einen kurzen Pferdeschwanz trägt, sich auf einem Día de Muertos (Tag der Toten) Fest in einem mexikanischen Dorf befinden. Auch Lara hat sich optisch ein wenig verändert: Ihr Gesicht sieht zwar immer noch aus wie in Rise of the Tomb Raider, aber sie hat mehr Muskeln aufgebaut, was sich vor allem an ihren Armen zeigt. Ihre Animationen sind allerdings immer noch die selben wie in den letzten beiden Spielen und sehen deshalb teilweise immer noch ein wenig unbeholfen aus. Lara ist anfangs undercover unterwegs und trägt eine Totenkopfmaske sowie einen Poncho. So viele NPCs wie in diesem Abschnitt gab es in noch keinem Tomb Raider Spiel an einem Ort versammelt, was von einem technischen Standpunkt schon beeindruckend ist. Man kann über das Fest laufen, mit Jonah reden, Lara gibt Kommentare zu diversen Dingen ab, wenn man an bestimmten Stellen die Handlungstaste drückt. Allerdings hat dieser Abschnitt eine große Einschränkung: Lara lässt sich auf dem Fest nur im Schneckentempo bewegen, ähnlich wie in den Ladeabschnitten des ersten Reboot-Spiels. Ich persönlich bin kein Fan von solchen Einschränkungen in Spielen. Einige der anderen Gäste auf dem Event haben diesen Abschnitt mit Uncharted verglichen. Da mir die nötige Erfahrung mit der Uncharted-Reihe fehlt, vergleiche ich ihn aber am ehesten mit Life is Strange. Am Ende des Abschnittes lenkt Jonah für Lara ein paar Wachen ab und Lara verschwindet aus dem Dorf und findet sich im Dschungel wieder. Dabei legt sie ihre Verkleidung ab und offenbart ihr neues Outfit: Nach wie vor trägt sie eine lange braune Hose, allerdings hat sie ihr grau-türkises Tank Top gegen ein Oberteil getauscht, welches an eine Mischung aus dem klassischen Top und Laras Top aus Tomb Raider Underworld erinnert.
Der Dschungel-Abschnitt ist allerdings eher kurz und geht schnell in einen Kletterabschnitt über. Lara kann nun ihr Seil nutzen, um sich wie in Tomb Raider Underworld abzuseilen. Auch kann sie dabei wieder einen Wandlauf durchführen. Nachdem sie sich abgeseilt hat, kommt sie in das gesuchte Grab. Der Grab-Abschnitt ist sehr linear und erinnert ein wenig an einige der optionalen Gräber aus Rise of the Tomb Raider. Eine weitere neue Fähigkeit von Lara ist eigentlich eine sehr alte: Sie kann wieder richtig tauchen. Und damit meine ich nicht, dass sich wie in Rise of the Tomb Raider unter die Wasseroberfläche "duckt", sondern wie in den älteren Spielen richtig dreidimensional unter Wasser steuerbar ist. Die Tauchsteuerung geht gut von der Hand und erinnert nicht an ein U-Boot, wie in Tomb Raider Legend und Anniversary. Da Tauchen aber eine Fähigkeit ist, die vom allerersten Teil der Serie vorhanden war und eigentlich in jedem Tomb Raider Spiel vorhanden sein sollte, kann ich es nicht als besonders positiv sehen, dass sie in Shadow of the Tomb Raider endlich wieder in vernünftiger Form da ist.
Die Rätsel in dem Grab sind altbekannte Kost: Seile mit dem Bogen verschießen, an Seilwinden drehen und Gegengewichte nutzen, um an höher gelegene Orte zu gelangen. Wer die letzten beiden Tomb Raider Spiele gespielt hat, wird sich hier schnell zurecht finden. Meiner Meinung nach sind diese Seilrätsel zu simpel und kein Ersatz für komplexes Leveldesign, durch welches man nach dem richtigen Weg suchen muss. Da der spielbar Abschnitt allerdings wie erwähnt nur der Prolog war, kann ich nicht sagen, ob alle Rätsel Seilrätsel sein werden, oder ob da noch etwas neues kommt, das die grauen Zellen etwas mehr anstrengt. Eine gute Idee wäre es, diese Rätsel mit etwas komplexerem Leveldesign zu verbinden, um es nicht zu einfach zu machen.
Nachdem Lara das Artefakt ihrer Begierde gefunden hat, kommt ein kurzer Kampfabschnitt. Lara kann sich nach wie vor von hinten an ahnungslose Gegner anschleichen und sie heimlich töten. Wer lieber den direkteren Weg per Waffe bevorzugt, muss nach wie vor damit Vorlieb nehmen, dass sich Lara mit gezogener Waffe nur langsam bewegt und am besten hinter einer hüfthohen Mauer in Deckung gehen sollte. Hier wäre es mir lieber, das Kampfsystem zu überarbeiten, sodass Lara auch aus dem Lauf schießen kann. Denn seien wir ehrlich: Deckungsbasiertes Schießen ist nicht das anspruchvollste Kampfsystem in Videospielen. Der Kampfabschnitt ist nur sehr kurz, was aber daran liegen kann, dass es der erste Kampf im Spiel ist. Zumindest in der Demo hatte Lara auch alle ihre Waffen, wobei Shadow of the Tomb Raider wie schon die beiden Vorgänger wieder ein 4-Waffen-Limit hat und die Waffen altbekannte Kost sind: Ein Bogen, ein Maschinengewehr, eine Schrotflinte und eine Pistole. Ob Lara auch im fertigen Spiel von Anfang an alle Waffen hat, ist mir nicht bekannt, aber wahrscheinlich wird es nicht so sein. Das erneute Vorhandensein des Bogens wirkt in meinen Augen etwas seltsam. Denn am Anfang von Rise of the Tomb Raider hat Lara als die Waffe ihrer Wahl eine Pistole nach Syrien mitgenommen und auch in Cutscenes hat sie eher zur Pistole als zum Bogen gegriffen. Das ließ mich darauf schließen, dass sie eine Pistole dem Bogen bevorzugt, wenn sie die Wahl hat. Und da sie sich in Shadow of the Tomb Raider sichtlich auf ihr Abenteuer vorbereitet hat, statt erneut durch ein Unglück ihre komplette Ausrüstung zu verlieren, wirkt der Bogen in ihrem Inventar etwas deplaziert.
Wie schon in Rise of the Tomb Raider kann sich Lara erneut manuell heilen. Ob es zusätzlich je nach Schwierigkeitsgrad trotzdem noch automatische Heilung gibt, habe ich nicht feststellen können.
Nachdem Lara ihre Gegner beseitigt hat, startet eines der üblichen Setpieces, welche in den letzten beiden Teilen öfters zum Einsatz kamen: Eine Flutwelle überschwemmt das Dorf vom Anfang und man muss Lara so durchs Wasser steuern, dass sie nicht auf spitzen Stangen aufgespießt wird. Dieser Abschnitt erinnert stark an die Wildwassersequenzen aus dem ersten Reboot-Spiel, wobei das Ausweichen in diesem Fall leichter und der Abschnit dadurch weniger frustrierend ist. Am Ende trifft sie wieder auf Jonah, was das Ende der Demo markiert.
Crafting und RPG-Elemente scheinen immer noch eine Rolle zu spielen, da mehrere Pickups zu finden waren, welche signalisiert haben, dass Lara Erfahrungspunkte oder Craftingmaterialien gesammelt hat. Ob ihr Skilltree in Shadow of the Tomb Raider wieder wie im letzten Teil bei Null anfängt, war aber nicht zu sehen.
Wer Rise of the Tomb Raider liebt und mehr vom Selben in einer anderen Location will, der wird mit Shadow of the Tomb Raider vermutlich glücklich werden. Nachdem Rise of the Tomb Raider im Vergleich zum ersten Reboot-Teil aber so ein großer Sprung nach vorne war, hatte ich etwas mehr erwartet als bekannte Elemente in einer anderen Szenerie. Einschränkungen im Gameplay, die durch die Story vorgegeben werden und Setpieces, bei denen alles um Lara herum explodiert, lassen mich inzwischen kalt. Auch dass Lara wieder einen Bogen hat und sich hoch leveln und Ausrüstung craften muss, sehe ich eher skeptisch. Im ersten Reboot-Spiel haben diese Dinge noch ein wenig Sinn gemacht, aber schon in Rise of the Tomb Raider beschlich mich das Gefühl, dass sie in das Spiel gezwengt wurden, obwohl es auch perfekt ohne diese Elemente funktioniert hätte.
Eine klare Kaufempfehlung kann ich an dieser Stelle noch nicht aussprechen, da insgesamt doch noch zu wenig von dem kompletten Spiel bekannt ist.