Wie war das noch gleich vor 10 Jahren?
Wir schreiben das Jahr 1996 - eine vollbusige Engländerin namens Lara Croft eroberte damals im Sturm die Herzen der Daddler. Auslöser für den bis heute andauernden Hype um die weltberühmte Pixelarchäologin war das Spiel mit dem Titel Tomb Raider featuring Lara Croft. Ein komplett neuartiges 3-D Abenteuer mit riesigen Räumen und eine weibliche Spielfigur mit einer bisher nicht dagewesenen Beweglichkeit, die man völlig frei durch die atemberaubenden Welten steuern konnte. Die fesselnde Story und die smarte Pixelamazone taten ihr Übriges, um aus dem Spiel einen Tophit zu machen. Bis heute verkaufte sich der erste Teil der erfolgreichen Tomb Raider Serie über sieben Millionen Mal weltweit. Tomb Raider I gilt bis heute als Meilenstein in der Games-Industrie, da mit Lara Croft eine neue Ära des 3-D-Action-Adventures-Genres eingeläutet wurde.
Zurück ins Heute, mehr als zehn Jahre nach Lara's legendärem Debüt beschert uns das jetzige Entwicklerteam Crystal Dynamics mit Tomb Raider Anniversary ein Remake des Klassikers, nach dem die Tomb Raider Szene schon jahrelang giert und bettelt. Seit 1. Juni steht die entstaubte Neuauflage von Crystal Dynamics im Handel. Aus diesem Anlass haben wir die PlayStation 2 Version einmal genauestens unter die Lupe genommen und ausführlich rauf und runter getestet.
Die Geschichte um Atlantis
Neben der bahnbrechenden 3-D-Engine erinnern wir uns auch an die außergewöhnliche Story um die versunkene Stadt Atlantis, eine Zivilisation die ihrer Zeit sehr weit voraus war. Die Handlung von Tomb Raider I wurde großteils beibehalten und auch die alten Verdächtigen sind wieder mit im Boot. Die Konzerchefin von Natla Technoloigies Jacqueline Natla beauftragt die junge Lara Croft sich auf die Suche nach dem Scion zu machen. Die noch recht unerfahrene Archäologin Lara ist sofort Feuer und Flamme, als sie von dem Artefakt hört, nachdem auch bereits ihr Vater Richard Croft vergeblich suchte.
Eine Anspielung auf die Story aus Tomb Raider Legend ist ebenfalls enthalten, denn bereits hier weiß Lara, dass ihr Vater auf der verzweifelten Suche nach seiner verschwundenen Frau Amelia war. Laras Vater war in Tomb Raider I nicht vertreten, und ist eine der kleinen Korrekturen an der Handlung, die sich aber sehr gut in die überarbeitete Story einfügen. Leider ist mein Lieblingssatz von Natla "Zu spät für eine Abtreibung" im Remake nicht mehr dabei, dafür hat man mehr mit Larson und Pierre zu tun. Nicht fehlen dürfen natürlich auch Kid und Kold, die ebenfalls zu Natlas Angestellten zählen. Gewünscht hätte ich mir noch ein wenig mehr Zwischensequenzen und mehr Infos über Atlantis, aber die gesamte Handlung kommt sehr gut und vor allem viel verständlicher an den Spieler als im Originalspiel. Und auch Laras selbst zweifelt oftmals, welcher Weg wohl der Richtige ist.
Weniger Action und mehr Kraxeln als im letzten Teil
Im Vergleich zu Tomb Raider Legend, dem ersten Teil der neuen Entwickler, haben sich die Jungs und Mädels von Crystal Dynamics ganz klar auf die Klettereinlagen konzentriert und die Action etwas zurückgeschraubt. Das ganze Spiel trotzt nur so vor Räumen, die man hoch und runter klettern kann und muss. Die Action beschränkt sich meist auf die tierischen Gegner wie Wölfe, Fledermäuse, Ratten, Bären, Krokodile, Gorillas, Katzenmumien und so weiter. Gegnermäßig hat man sich komplett an die Vorlage gehalten.
Verzichtet hat man aber nicht auf die interaktiven Zwischensequenzen, in denen der Spieler die am Bildschirm aufleuchtenden Tasten drücken muss. Im Vergleich zu Tomb Raider Legend hat man die Quicktime-Events aber deutlich verringert, denn in Tomb Raider Anniversary kommen diese Szenen nicht mehr in jedem Level vor.
Wo wir gerade von Gegnern sprechen, welcher Feind aus Tomb Raider I ist uns wohl am Besten in Erinnerung geblieben? Richtig, der T-Rex natürlich. Auch er hat wieder seinen wohlverdienten Auftritt im neuen Spiel. Allerdings scheint der frühere Riesen-Dino ein nicht ausgewachsenes Exemplar gewesen zu sein, denn der jetzige T-Rex erscheint sehr viel größer als der frühere. Gänzlich verzichtet hat man auf Fahrzeuge, die man selbst steuern kann. Lara Croft düst nur in den Zwischensequenzen mit einem Motorrad durch die Landschaft.
Das hab ich doch schon mal gesehen!
Es ist schon erstaunlich, was in der alten Sony PlayStation 2 noch drinnen steckt. Die Grafik ist 1a und kommt wirklich sehr gut rüber. Wunderschöne Lichteffekte, Berggipfel wo es stürmt und schneit, Gewässer die zum Baden einladen, Wüstensand der durch ein Lüftchen aufgewirbelt wird und Lava, die an allen Wänden herunterfließt - das sind nur kleine Ausschnitte aus dem vielseitigen Levelangebot aus Tomb Raider Anniversary. Bei vielen Räumen ist ein sehr hoher Wiedererkennungswert gegeben, denn das Entwicklerteam hat mehr oder weniger viele Schauplätze und Rätsel detailgetreu nachbaut. So erkennt man sofort das "Verlorene Tal" mit den Dinosauriern wieder oder die große Sphinx in Ägypten, oder das Kolosseum oder Natlas Minen oder den Anfangsraum von St. Francis Folly mit den dicken Säulen.
Doch das alleine wäre natürlich viel zu wenig. Die Level wurden deutlich erweitert und vollgestopft mit vielen Geheimnissen, die gefunden werden wollen. Außerdem kann man jetzt auch die Szene in Peru beim großen Tor selbst nachspielen. Lara muss nun selbst hochklettern zum Tor, um in die Stadt Vilcabamba zu gelangen. Im Original war diese Szene in eine Filmsequenz gepackt. Diese großzügigen Erweiterungen machen aus Tomb Raider Anniversary ein Spiel mit vielen AHA-Effekten, aber trotzdem sind die Wege und Rätsel ganz anders im Originalspiel. Bei den Levels selbst hat man sich ebenfalls zum größten Teil an die Vorlage aus 1996 gehalten, einiges wurde zwar gekürzt oder zusammengelegt, dafür wurde an anderer Stelle wieder kräftig erweitert und so spielt man an Tomb Raider Anniversary ungefähr 15 Stunden. Hinzu kommen dann noch die vielen versteckten Secrets die ebenfalls gefunden werden wollen.
Elegant wie nie zuvor und ein Rucksack voller Spielzeug
Lara Croft hat auch im neuen Teil wieder einiges dazugelernt und im Vergleich zu Tomb Raider I eine Menge mehr drauf als vor 10 Jahren. Die Bewegungen aus dem Vorgänger Tomb Raider Legend sehen jetzt noch geschmeidiger aus, denn das meiste wurde aus dem letzten Teil übernommen. Der Wurfhaken ist nun nicht mehr magnetisch, trotzdem kann man mit dem Teil sehr viele schöne Dinge anstellen. Vorrausgesetzt man findet eine Öse oder einen Ring, wo man das Hilfsmittel einhaken kann, dann schwingt sich Lara über den Abgrund oder läuft kurze Strecken an der Wand entlang. Mit dem Wurfhaken kann Lara aber auch verschiedene Dinge "bearbeiten". Bei den Waffen hat man sich auch stark am Original orientiert. Neben den Doppelpistolen mit unendlicher Munition stehen Lara auch die Schrotflinte, und andere Doppelpistolen zur Verfügung, bei denen nur eine gewisse Anzahl an Munition in den Rucksack passt, also nicht wundern, wenn Lara auf einmal keinen Bleinachschub mehr in ihr Säckchen stecken will.
Neben den bekannten Utensilien schleppt unsere Archäologien noch ihr Tagebuch mit sich herum, indem wertvolle Tipps zur Umgebung stehen. In diesem Abenteuer wurden allerdings die Fackeln, das Lichtsystem und das Fernglas sowie das Headset aus Legend gestrichen. Wir haben diese Dinge aber keine Sekunde vermisst, na ja bis auf eine Fackel ab und zu mal. Dafür kriegt man an Lara selbst schöne Effekte zu sehen. Wasser perlt langsam an ihrer nassen glänzenden Haut hinunter und auch Dreck bleibt an ihrer Haut und Kleindung haften.
Steuerung fest im Griff
Wer Tomb Raider Legend bereits gespielt hat, wird sich mit der neuen Steuerung (ja, hier wurde ein wenig verändert) gut zurechtfinden. Wie schon erwähnt hat Lara aber auch neue Bewegungen gelernt, die "erlernt" sein wollen, denn im Laufe des Spiels kommen die neuen Moves immer häufiger und meist auch umfangreicher zum Einsatz. Lara kann nun auf Holzpfählen oder Säulen balancieren, was kinderleicht von der Hand geht. Nach ein paar Sekunden verliert die Lady zwar das Gleichgeweicht, doch per Druck auf die Interaktions-Taste fängt sie sich schnell wieder.
Etwas schwieriger gestaltet sich der Wandlauf. Hierzu muss man erst den Wurfhaken an einer Öse oder einem Ring am Gemäuer einhaken. Dann bewegt man das Mädel mit dem Analogstick in die gewünschte Richtung und schon läuft sie an der Wand entlang. Je länger das Seil ist, umso weiter kommt Miss Croft. Problematisch ist hier nur der Seitwärtssprung, denn der funktioniert im Gegensatz zum Vorwärtssprung nicht immer. Es gibt da einige Stellen im Spiel, wo der Wandlauf-Sprung ein wenig frustrieren könnte, wenn man die Kamera nicht mitdreht. Hat man das aber mal in den Fingern, geht es eigentlich recht leicht von der Hand. Neu sind ebenfalls die Wandhebel, die sich nach unten bewegen, sobald sich die Engländerin an den Dingern festhält, denn meist muss sie diese Hebel nützen, um zum darrüberliegenden Mauervorsprung zu kommen. Ist der Hebel erst mal unten, hat Lara Pech gehabt.
Am meisten Eingewöhnungszeit braucht man allerdings für den geänderten Kampfmodus in Anniversary, denn Lara feuert jetzt "pro Tastdruck auf die Schießen-Taste" nur mehr einen einzigen Schuss ab. Als mächtiges Extra entpuppt sich der Arenalin-Move, den man bei allen Gegnern anwenden kann und muss. Dazu muss der Spieler den Gegner wütend machen. Ist das geschafft, läuft der Feind auf einen zu und sobald der Bildschirm in die Zeitlupe schaltet, kann man den Adrenalin-Move ausführen, bei dem man mit einem gezielten Kopfschuss den Gegner effektiver und viel schneller zur Strecke bringt. Wenn man diese Kampf-Taktik mal beherrscht, ist dieser neue Move echt sein Gold wert. Eine wunderbare Neuerung, die einzig und allein in engen Räumen nicht angewendet werden kann. Die Gegner sind allgemein meist recht flink und wenn sie einem Mal erwischt haben, dann können sie sich auch in Laras Beinen oder Händen festbeißen. Es passierte aber auch, das die Gegner irgendwo festgesteckt sind oder einfach blöd stehen blieben, was nicht so schön aussah.
Hier gibt's was auf die Ohren
Der Soundtrack ist wieder aller erste Sahne. Zwar ist an manchen Stellen die musikalische Untermalung eher dezent und auch das Dauergedudel vom Vorgänger Tomb Raider Legend wurde massiv eingeschränkt, aber die Geräuschkulisse ist trotzdem sehr passend, stimmig und wenn Gegner auftauchen kriegt man meist richtig was auf die Ohren. Schade das die Viecher meist so schnell tot waren (hehe). Das Main-Theme ist stark an das Original angelegt und hier erkennt man womöglich am Besten, das es sich dabei um eine aufgepimpte Version des Soundtracks aus dem Jahre 1996 handelt. Diese Melodie kommt aber auch in vielen anderen Musikstücken vor, dezent eben.
Wenn ihr ein paar Ratten seht, tötet sie nicht gleich, denn die Musik die dann ertönt ist wirklich grandios. Der Tomb Raider Legend Soundtrack war vielleicht um einen Tick schöner, aber nicht besser, denn auch dieses Mal zeigt der Komponist Troels B. Folmann, was er so drauf hat. Uns hat die musikalische Untermalung des Spiels sehr gut gefallen aber wir hätten uns noch mehr davon gewünscht. Die deutsche Synchro ist ebenfalls sehr gut gelungen und auch hier gibt es nichts auszusetzen.
Alles für das Fanherz
Neben dem Hauptspiel gibt es noch viele Belohnungen und Extras für die Fans. Hierzulande ist Tomb Raider Anniversary nämlich als Collectors Edition mit exklusiver Bonus DVD erhältlich, auf der neben einem neu abgemischten Soundtrack aus Tomb Raider Anniversary und Tomb Raider Legend auch eine Artwork-Galerie und die Tomb Raider Story zu sehen ist. Bei letzterem handelt es sich um eine ausführliche Dokumentation, die das Phänomen Lara Croft und die Spiele genau unter die Lupe nimmt - sehr sehenswert!
Doch das ist noch lange nicht alles. Auf der Haupt-CD gibt es wie oben erwähnt viele Belohnungen zum Freischalten wie neue Outfits, alle Filmsequenzen, Bildergalerien, Charakter-Biographien, Cheats und den Soundtrack des Spiels. Als besonderes Goodie stehen nach dem Beenden der jeweiligen Level die Entwicklerkommentare im Spiel zur Verfügung, bei denen die Macher aus dem Nähkästchen sprechen. Außerdem ist das Croft Manor (Vorlage aus Tomb Raider Legend) wieder spielbar, allerdings hat man auch hier einige Veränderungen vorgenommen. So ist die Schwimmhalle eine riesige Baustelle, das Foyer vollgestellt mit Kisten (wie im Original), die Wasserversorgung ist defekt und Winston, der Butler, ist auch nicht aufzutreiben. Und im Gegensatz zum Legend-Anwesen muss Lara auch ins Freie. Besser geht's gar nicht und zum Glück haben sich die Entwickler hier nicht an die Vorlage gehalten.
Fazit
Mit Tomb Raider Anniversary bekommen die Fans endlich das Spiel, das sie schon seit einigen Jahren haben wollten. Knifflige Rätsel, waghalsige Kletteraktionen, ansteigender Schwierigkeitsgrad, neue praktische Moves, so gut wie keine menschlichen Gegner, verpackt in wunderschöne Gegenden und dann noch die Story aus Tomb Raider 1 - der neueste Teil ist Grabräuberei bis zum Anschlag! Gut, die Action ist ein wenig dürftiger ausgefallen als im Vorgänger und mit dem Wandlauf werden sich auch einige bestimmt die Zähne ausbeißen (was bei Tomb Raider aber dazu gehört), aber diesesmal kann man wirklich ohne schlechtes Gewissen behaupten, dass Tomb Raider Anniversary das beste Spiel der gesamten Reihe ist. Neueinsteiger dürften mit der neuen Lara ebenfalls gut zurecht kommen, denn noch nie spielte sich Lara flüssiger. Ich kann das Spiel uneingeschränkt weiterempfehlen. Wer es nicht spielt, verpasst eines der letzten wirklich großen Spiele für die PlayStation 2! Wir hoffen, dass es in diesem Stil weitergeht ...
Tomb Raider Anniversary - Zusammenfassung und Wertung |
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+ PRO | |
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- KONTRA | |
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PlayStation 2 BEWERTUNG | |
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Vielen Dank an Eidos Deutschland für die zur Verfügung gestellte PlayStaion 2 Vollversion des Spiels Lara Croft Tomb Raider Anniversary.